DiscoverVorarlberg – VOL.AT"Kostenersparnis nicht absehbar, Qualitätsverbesserung fraglich" - Heftige Kritik an der Spitalsreform aus Dornbirn
"Kostenersparnis nicht absehbar, Qualitätsverbesserung fraglich" - Heftige Kritik an der Spitalsreform aus Dornbirn

"Kostenersparnis nicht absehbar, Qualitätsverbesserung fraglich" - Heftige Kritik an der Spitalsreform aus Dornbirn

Update: 2025-11-26
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Die Ärztinnen und Ärzte der Stadt Dornbirn haben in einem offenen Brief die Spitalsreform des Landes scharf kritisiert. Besonders heftige Kritik wird an den Plänen für das Krankenhaus Dornbirn geübt.









Die Ärztinnen und Ärzte der Stadt Dornbirn äußern in ihrem offenen Brief erhebliche Bedenken gegenüber der Spitalsreform “RSG 2030/Spitalscampus”. Der Prozess sei nicht so partizipativ verlaufen wie von der Landesregierung dargestellt; weder Ärztekammer noch Spitalsärztinnen und -ärzte seien ausreichend eingebunden worden, und die Zahlen hinter den Entscheidungen blieben unklar. Besonders kritisch sehen sie die geplante Verlegung von Gynäkologie/Geburtshilfe und Pädiatrie vom Krankenhaus Dornbirn nach Bregenz.





Obwohl Dornbirn längst über die Stadtgrenzen hinaus versorgt (2023 stammen nur etwa 38 Prozent der stationären Patientinnen und Patienten aus Dornbirn), würden größere Investitionen verweigert, solange der Standort nicht der landeseigenen Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) angehöre.









Aus wirtschaftlichen und kapazitiven Gründen sowie wegen der zentralen Lage im Rheintal plädieren die Autorinnen und Autoren dafür, Kräfte und Mittel am Standort Dornbirn/NORD/Unterland zu bündeln und Neuinvestitionen dort zu konzentrieren. Es wird befürchtet, dass das Hin- und Herschieben von Fachrichtungen Ausgaben in Millionenhöhe bei fraglichem Einsparpotenzial verursache.









Ein Interessenskonflikt?





Im Brief verweisen die Unterzeichner auch auf einen möglichen Interessenskonflikt, weil der Geschäftsführer der mit der Zukunftsplanung der Vorarlberg Spitalsstruktur beauftragten Firma im Aufsichtsrat der Vorarlberger Landeskrankenhäuser sitze.





Die Verfasser erwarten, dass “Einsparungen” de facto durch Kündigungen, Abwanderungen und eine Bettenreduktion entstehen könnten. Der Verlust zweier Ausbildungsabteilungen schwäche die Ausbildung in Allgemeinmedizin; zusätzliche Rotations- und Systemwechsel würden die ohnehin fordernde Ausbildungszeit weiter belasten.









“Kostenersparnis nicht absehbar”





Insgesamt warnen die Ärztinnen und Ärzte vor mehr Rettungstransporten und Konsiliardiensten und sehen einen funktionierenden, effizienten Standort mit gutem Fachabteilungsmix “sinnlos geopfert”, um Probleme in der KHBG zu lösen. Weder seien klare Kostenvorteile noch Qualitätsgewinne erkennbar: “Eine Kostenersparnis ist für uns nicht absehbar, eine Qualitätsverbesserung mehr als fraglich.” Die anstehende Strukturreform sei zwar notwendig, die vorgelegte Lösung jedoch “nur eine halbherzige Zwischenlösung mit vielen Nachteilen für Patienten, Steuerzahler und Mitarbeiter.”









Der offene Brief im Wortlaut





Sehr geehrte Patientinnen und Patienten,
geschätzte Zielsteuerungskommission,

mit großer Besorgnis haben auch wir in den vergangenen Wochen und Monaten die mediale Berichterstattung über den Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG) 2030 respektive über die „Spitalscampus“ genannte Spitalsreform in Vorarlberg verfolgt. Wir möchten an dieser Stelle betonen, dass dieser Prozess keineswegs so partizipativ war, wie das seitens der Landesregierung behauptet wurde und wird.

Weder Ärztekammer noch die Ärztinnen und Ärzte aus den Krankenhäusern waren maßgeblich und ausreichend in Entscheidungsfindungen involviert, bis heute sind die Zahlen hinter den Berechnungen unklar. Vielmehr hatte man das Gefühl, die wenigen Treffen dienten nur einer Stimmungsabfrage. Den schwarzen Peter der Verlegung der Gynäkologie und Geburtshilfe sowie der Pädiatrie von Dornbirn nach Bregenz jetzt dem Träger des Krankenhauses, der Stadt Dornbirn zuzuschieben, ist nur die Spitze des Eisbergs. Denn dieser Träger hat immer betont, dass jedwede Verschiebung einer Fachabteilung weg aus Dornbirn nur gegen sein Interesse stattfinde und auf keiner fundierten Grundlage beruhe.

Dass es sich bei dem aktuell vorgeschlagenen Wechsel um keine Patentlösung handelt, wird durch den kurzfristig über den Haufen geworfenen, noch vor dem Sommer aber kolportierten Plan der Landesregierung, zunächst die Orthopädie und Traumatologie zu verlagern, offensichtlich. Diese ursprünglich geplante Verschiebung hätte zumindest den strukturellen Veränderungen und Investitionen der vergangenen Jahre in unserem Haus besser Rechnung getragen – damit soll aber keineswegs suggeriert werden, dass diese Lösung unsererseits bevorzugt wird. Interessant ist auch, dass zu keinem Zeitpunkt intensiver diskutiert wurde, welche Abteilung von Bregenz wegverlagert werden soll (mit Ausnahme der Geburtshilfe). Überwiegend war das KH Dornbirn jenes Haus, aus dem Abteilungen entfernt werden sollten, auch wenn das ganze formal natürlich in einem Tausch stattfindet.

Obwohl das Krankenhaus der Stadt Dornbirn und somit auch wir als Ärztinnen und Ärzte bereits jetzt einen Versorgungsauftrag weit über die Stadtgrenzen hinaus erfüllen (nur ca. 38% der stationär Behandelten sind aus Dornbirn – Geschäftsjahr 2023) und der Eigentümer (Stadt Dornbirn) offensichtlich keine Entscheidungsgewalt oder Mitspracherechte bezüglich struktureller Reformen hat, gibt die Landesregierung an, keine weitreichenden Investitionen in den Standort Dornbirn tätigen zu wollen, so lange dieser nicht der landeseigenen Krankenhausbetriebsgesellschaft (KHBG) zugehörig ist.

Aus oben genannten Gründen (wirtschaftlich, Kapazität, ohnehin schon landesbestimmt) und nicht zuletzt auch wegen der zentraleren Lage im Rheintal wäre es aber nur logisch, die Kräfte und Mittel sofort an einem Standort Dornbirn/NORD/Unterland zu konzentrieren und Neuinvestitionen lokal zu bündeln beziehungsweise sukzessive auszubauen. Auch von der beauftragten BDO Health Care GmbH wurde zu Beginn des partizipativen Strukturdialogs eine Versorgungsstruktur mit zwei Hauptversorgungseinheiten (Ober-/Unterland) als sinnvollste, für das Personal attraktivste und insgesamt wirtschaftlichste Lösung präsentiert.

Der Vorschlag von Bürgermeister Fäßler, eine neue, gemeinsame Gesellschaft zu gründen, scheint in diesem Zusammenhang jedenfalls fair und sinnvoll. Das Hin- und Herschieben von Fachrichtungen mit den damit verbundenen Ausgaben in Millionenhöhe mit fraglichem Einsparungspotenzial ist in jedem Fall nur eine Notlösung und nicht nachhaltig. Ob die Zukunftsplanung der Vorarlberger Spitalsstruktur durch eine Firma, deren Geschäftsführer gleichzeitig im Aufsichtsrat der Vorarlberger Landeskrankenhäuser sitzt, zum Nachteil des Standorts/Trägers Dornbirn war, überlassen wir der Interpretation der Leserinnen und Leser.

Die angegebenen Einsparungen in Sachen Personal werden sich wahrscheinlich durch Kündigungen und Abgänge in die Niederlassung und angrenzende Länder/Bundesländer sowie durch eine faktische Bettenreduktion ergeben. Durch den Verlust von zwei Ausbildungsabteilungen ergibt sich außerdem ein deutlicher Nachteil in der Ausbildung von Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern für das KH Dornbirn. Eine ohnehin fordernde Zeit wird dann durch einen mindestens dreimalig notwendigen Haus- und Systemwechsel noch anstrengender (in diesem Teil der Ausbildung rotiert man alle drei Monate auf eine neue Abteilung).

Durch das Offenhalten von Gynäkologie- und Pädiatrie-Ambulanzen in Dornbirn sowie den wohl zusätzlichen Bedarf von Diensträdern durch vermehrten Einzelandrang in den jeweiligen Spezialabteilungen wird sich kein großes Einsparpotential im ärztlichen Bereich ergeben. Eine geplante Belegabteilung mit bis zu 10 gynäkologischen Betten in Dornbirn schlägt dem Fass den Boden aus („Österreich-Lösung“).

Politische Floskeln täuschen nicht darüber hinweg, dass eine funktionierende Versorgungseinheit zurechtgestutzt wird und der logistische Aufwand für die Versorgung massiv erhöht wird (Rettungstransporte, Konsiliardienste). Aus unserer Sicht wird ein funktionierender und effizienter Standort mit idealem Fachabteilungsmix sinnlos geopfert, um Probleme und Versäumnisse in der KHGB zu lösen. Eine Kostenersparnis ist für uns nicht absehbar, eine Qualitätsverbesserung mehr als fraglich.

In keinem Fall ist die angestrebte Lösung visionär und wegweisend für die Zukunft, es handelt sich dabei maximal um eine Zwischenlösung mit jetzt schon absehbaren weiteren Umstrukturierungsnotwendigkeiten. Zudem stimmen die Berechnungen der Planung nachweislich nicht (ärztliche Diensträder).
Die Politik fordert mutige, unangenehme und zukunftsträchtige Entscheidungen, ist aber nicht dazu bereit, in ein funktionierendes System zu investieren und sinnvolle Veränderungen durchzusetzen. Man will sich nicht jetzt schon auf einen zukünftigen Standort festlegen, um sich alle Optionen offen zu halten. Genau das wäre aber im Sinne der Vorarlbergerinnen und Vorarlberger, im Sinne der Versorgungsqualität und nicht zuletzt im Sinne der Wirtschaftlichkeit dringen

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msuppersberger